Frieder: Grundsätzlich haben wir festgestellt, dass die beiden Disziplinen Volleyball und Beachvolleyball sportlich hinsichtlich der grundlegenden Überlegungen nahe beieinander liegen. Tatsächlich sind viele unserer Sportlerinnen erst über Beachvolleyball zum Volleyball gekommen. Aus diesem Grund wollen wir zukünftigen Athletinnen auch in dieser Disziplin den Weg in den Leistungssport ermöglichen. Ein weiterer Grund, warum wir hier in Zürich einen NNV Beachvolleyball aufbauen, ist, weil wir gemerkt haben, dass der interkantonale Wechsel von einer Sportschule zur anderen mühsam und im schlimmsten Falle verhindernd wirkt. Verlockend war für uns auch, dass wir von den bestehenden Strukturen der Volleyball Academy profitieren können. Dazu gehören der gesamte Administrations- und Kommunikations-Apparat, aber auch das Know-how im Bereich Sportpsychologie, Sporternährung, Athletik sowie die Koordination mit den Sportschulen.
Dario: Einen ersten Versuch gab es bereits 2019, aber die Bedingungen waren damals nicht optimal und dann hat die Pandemie die Umsetzung weiter gebremst. Im Jahr 2021 haben wir den Aufbau wieder aufgenommen und parallel zu den Gesprächen mit Swiss Volley die nötige Zeit investiert, um die Unterstützung des Regionalverbandes SVRF und der regionalen und kantonalen Vereine einzuholen.
Dario: Der Unterschied ist riesig. In einem Verein gibt es meist mehrere Teams, er wächst von Jahr zu Jahr und entwickelt über diese Zeit eine gewisse Identität. In einem NNV gibt es nur ein Team, welches die Spielerinnen am Ende ihrer Ausbildungszeit verlassen. Darüber hinaus übernimmt ein NNV auch eine Koordinationsfunktion zwischen Schule, Familien und Gastfamilien. Ein Aspekt der nicht vergessen werden darf!
Dario: Zum einen an die Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen sowie den Regionalen Volleyballverbänden und Vereinen. Auch die Zusammenarbeit mit öffentlichen Institutionen wie J+S sowie die verschiedenen Schulen wie Gymnasien und Berufsschulen sind unverzichtbare Partner, die den Erfolg des ganzen Projekts mitbeeinflussen.
Frieder: Für mich gehört hier sicherlich auch der pädagogische Aspekt rein. Unsere Spieler sind mit 15-19 Jahren in einem Alter, in dem sie eine extreme körperliche und geistige Entwicklung durchlaufen. Die richtige Betreuung ist da enorm wichtig. Oft geht es um Kleinigkeiten wie das Erarbeiten eines Putzplans in der Wohngemeinschaft. Wir sind zudem Ansprechpartner, wenn es um Prüfungsangst, Heimweh und Leistungsdruck geht. Auch bei Vorfällen zu Hause rufen die Eltern teilweise zuerst uns an, um dann die Athletin zu informieren.
Dario: Wir fangen bei Null an. Das bedeutet, dass wir Leute finden und bezahlen müssen, die für etwas arbeiten, das noch gar nicht konkret existiert. Das macht es auch schwierig, finanzielle Unterstützung zu finden. Aktuell suchen wir Sponsoren, die uns bei der Finanzierung einer Aktivität helfen, die sportlich gesehen erst in einem Jahr startet. Eine weitere Herausforderung war für uns, unseren Platz in der Schweiz neben den beiden bereits bestehenden NNVs zu finden.
Frieder: Auch für uns ist das Sicherstellen der finanziellen Ressourcen eine der grössten Herausforderungen. Wenn man die Kosten eines NNV Beachvolleyball mit denen eines NNV Volleyballs vergleicht, sind sie etwa gleich hoch, verteilen sich aber auf eine viel geringere Anzahl von Spielerinnen. Im Volleyball haben wir bis zu 17 Spielerinnen, im Beachvolleyball nur vier bis acht. Gleichzeitig haben wir gegenüber den Eltern eine gewisse Verantwortung. Sie geben ihre Tochter in unsere Obhut und vertrauen darauf, dass wir sie über die Dauer der schulischen Ausbildung bei uns behalten.
Frieder: Ein Grund ist, dass es im Volleyball mehrere Positionen gibt, die besetzt werden müssen. Im Beachvolleyball sind es genau zwei: Block und Verteidigung. Zum anderen gibt es im Beachvolleyball-Leistungssport viel weniger abnehmende Gefässe. Swiss Volley hat aktuell sechs Spielerinnen und sechs Spieler, die auf dem höchsten Niveau trainieren. Im Volleyball gibt es bei den Frauen zehn Teams in der Schweizer NLA, bei den Männern sieben. Daher ist im Volleyball auch die Nachfrage nach Spieler:innen grösser. Aus diesem Grund braucht es auch in der Beachvolleyball-Ausbildung weniger Athleten und Athletinnen.
Dario: Zum einen werden wir an der nationalen PISTE auf Spielerinnen aufmerksam, zum anderen ist das regionale Training im Kanton, das FriSpike seit einigen Jahren betreut, eine mögliche Quelle für motivierte und talentierte Spielerinnen.
Frieder: Auch wir kommen durch die nationale PISTE-Sichtungen, die im September stattfinden, zu unseren Talenten. Zudem intensivieren wir in Zukunft durch die Fusion mit dem Leistungszentrum Volleyball Zürich auch die regionale Talentförderung in grossem Masse. Die Spielerinnen bewerben sich entweder für Beachvolleyball oder Volleyball und starten gemeinsam mit uns den Bewerbungs- und Entscheidungsprozess. Der Aufnahmeprozess dauert dann mit Probetrainings und Spielerinnen- und Elterngesprächen etwa drei Monate. Das Ziel ist es, Ende November für jede zukünftige Athletin die optimale Lösung gefunden zu haben.
Frieder: Das ist wirklich eine gute Frage! Das Profil von NNV Trainer:innen ist sehr spezifisch. Wir suchen jemanden der oder die nicht primär aufs Gewinnen aus ist, keinen Aufwand scheut und genügend Erfahrung mitbringt. Zudem muss die Person nicht nur auf dem Spielfeld, sondern auch abseits des Platzes über die nötigen Fähigkeiten verfügen und mit den jungen Spielerinnen umgehen können. Das ist extrem schwierig!
Dario: Für uns ist auch wichtig, dass es eine gemeinsame Wertevorstellung und Vision gibt. Im NNV verfolgen wir das Ziel, Menschen zusammenzubringen, die hervorragend in ihrem Fachgebiet sind und somit den Spielerinnen helfen können, ihre sportlichen Ziele zu erreichen.
Dario: Uns steht eine Saison voller Anpassungen bevor. Die jungen Spielerinnen müssen sich an ein neues Team, an neue Trainer:innen und an eine neue Schule gewöhnen. Zudem ziehen viele erstmals von zu Hause weg und leben in einer Gastfamilie. Da werden sicherlich Herausforderungen auf uns zukommen, an denen wir wachsen werden. Der Startschuss nächsten Sommer ist wie die erste Seite eines Buches, das hoffentlich spannend zum Lesen sein wird.
Frieder: Ich freue mich extrem darauf, endlich loslegen zu können! Es wird eine Zeit des Lernens sein, der ich aber mit viel Neugier entgegenschaue. Generell bin ich stolz darauf, dass wir Schweizer Athletinnen in naher Zukunft auch den Weg zum Profi-Beachvolleyball anbieten können.
Swiss Volley, 09.12.2022