Laura Künzler: «So aufgeregt war ich schon lange nicht mehr»

#TeamSuisseGoesEURO

Sie ist Schweizer Auslandprofi, Punktegarantin im Angriff und führt das Nationalteam an der EM als Captain auf das Feld: Laura Künzler. Du willst wissen, mit welchen Erwartungen sie und ihr Team nach Bratislava reisen und wieso sie sich sicher ist, dass die Schweiz an der EM «unglaubliche Spiele» zeigen wird? Wir stellen dir Laura genauer vor!

Der Start in die vergangene Saison war für Laura Künzler kein einfacher. Knapp eine Woche hatte sie bei ihrem Club, den roten Raben Vilsbiburg in der deutschen Bundesliga, trainiert, als es passierte. Eine unglückliche Aktion am Netz und der Klassiker unter den Volleyball-Verletzungen war auch bei ihr Tatsache: Bänderriss am Fuss. Laura rappelte sich aber rasch auf, fokussierte sich auf die Reha und konnte schon bald wieder zum Team zurückkehren. Möglicherweise zu bald. Denn den Fuss spürte sie während der intensiven Saison immer mal wieder, sei es im Klub oder auch bei Einheiten mit dem Nationalteam. 

Die Universiade ausgelassen, um sich körperlich zu erholen

Diese extrem hohe Belastung und die nie ganz verheilten körperlichen Beschwerden waren dann auch der Grund, weshalb man bei der Betrachtung der Kaderliste für die Universiade in Neapel vergeblich den Namen von Laura Künzler suchte. In Absprache mit dem Staff und aufgrund ihres Bauchgefühls verzichtete Laura sinnvollerweise auf den Event. «Den Sommer habe ich genutzt, um alte Verletzungen ausheilen zu lassen, damit ich dann für die Vorbereitung auf die EM und die EM selber 100-prozentig fit bin», so die 22-Jährige Aargauerin. Bei gemeinsamen Segelferien im Juni mit ihrem Freund Leon Dervisaj, selber auch Volleyballer bei Herrsching in Deutschland, konnte sie sich in Kroatien von den Strapazen der Saison erholen und den Kopf einmal vom Volleyball «durchlüften». 

«Ich bin mir sicher, dass wir an der EM unglaubliche Spiele zeigen werden!»

Nun aber ist die Vorfreude auf die EM deutlich spürbar: «So eine lange Volleyballpause bin ich mir nicht gewohnt. Jetzt beginnt es langsam, bis in die Fingerspitzen zu kribbeln», so die Teamleaderin und ergänzt: «So aufgeregt war ich schon lange nicht mehr, denn es ist ja für alle von uns die erste EM überhaupt!». Aber was liegt denn nun für diese junge Equipe am Grossanlass drin? So einiges, meint Laura vielsagend: «Mit der Quali haben wir bereits unser Ziel erreicht, jetzt wollen wir aber mehr. Die grössten Chancen werden wir gegen Spanien und die Slowakei haben, auch wenn wir erst vor Ort sehen, wie stark diese Teams wirklich sind», zeigt sich die 1.88 Meter grosse Aussenangreiferin selbstbewusst. «Wir haben bereits in der Quali und in der Vorbereitung gezeigt, was in uns steckt. Nun konnten wir nochmals intensiv und spezifisch an uns arbeiten. Darum bin ich sicher, dass wir an der EM unglaubliche Spiele zeigen werden!», freut sie sich. 

Tränen in den Augen während der Nationalhymne

Laura ist Teamplayerin durch und durch. Dies merkt man sofort, wenn man mit ihr spricht. Stets spricht sie vom Team und stellt sich selber in den Hintergrund, ist aber trotzdem sehr ehrgeizig im Sport. Sie sei stolz darauf, Teil eines solch tollen Teams zu sein, wo jede und jeder einen Anteil am momentanen Erfolg hat. An einen Moment aus der EM-Qualifikation erinnert sie sich besonders gut und zwar an das entscheidende letzte Heimspiel gegen Österreich: «Ich wusste lange nicht, ob ich aufgrund meiner Verletzung überhaupt spielen kann. Der Druck und die Anspannung waren riesig. Als ich dann erfreulicherweise spielbereit war und zusammen mit dem Team die Nationalhymne sang, konnte ich meine Tränen der Erleichterung nicht zurückhalten», so die Vollblut-Volleyballerin. 

Zeit für einen Tapetenwechsel und Lorbeeren an Timo Lippuner

Nach der EM wird Laura dann unmittelbar nach Frankreich zu ihrem neuen Verein, ASPTT Mulhouse Volleyball, reisen. Doch wieso überhaupt der Wechsel von der Bundesliga nach Frankreich? Verschiedene Faktoren hätten den Ausschlag gegeben, sagt Laura: «Mein Zweijahresvertrag ist abgelaufen und da ist es im Volleyball nicht ungewöhnlich, den Klub zu wechseln.». Sie blickt zurück auf eine erfolgreiche und schöne Zeit in Deutschland, auch wegen ihrem Klub- und gleichzeitig Natioalteam-Trainer, Timo Lippuner. «Ich verdanke Timo extrem viel und möchte ihm an dieser Stelle ein riesengrosses Dankeschön für die gemeinsame Zeit aussprechen», so Laura. 

«Ich freue mich nun auf einen Tapetenwechsel, eine neue Herausforderung in einer neuen Liga und bin zuversichtlich, dass ich in Mulhouse genauso viele positiven Erfahrungen sammeln kann, wie bei den roten Raben Vilsbiburg». In Mulhouse wird die Aussenangreiferin diese Saison – im Gegensatz zu den zwei Jahren in der Bundesliga – auch wieder auf europäischer Bühne im CEV Volleyball Cup spielen können. Die französische Liga ist in etwa gleich stark einzuschätzen wie die Bundesliga. In der Bundesliga gebe es vielleicht mehr Teams, die mit den Topteams mithalten können, als in der Ligue1. Dafür umfasse die französische Liga mehr Teams als die Bundesliga, zeigt Laura auf. 

Thaicurry mit Shrimps – berühmt oder berüchtigt?

Dass Laura vom Volleyballfieber gepackt wurde, überrascht bei näherer Betrachtung ihrer Familie nicht wirklich. Laura hat drei Schwestern, eine ältere und zwei jüngere. Alle spielen sie Volleyball beim VBC Kanti Baden. Nebst ihrer Mutter Beatrice, die auch aktiv Volleyball gespielt hat, war es vor allem Lauras ältere Schwester Rahel, die sie mit dem Virus infiziert hat. Bei einer solch grossen Familie scheint es auch eher erstaunlich, dass Laura von sich selber sagt, sie sei ein schüchterner und zurückhaltender Mensch. Lernt sie aber jemanden besser kennen, kann sie sich dieser Person auch schnell öffnen und ist für allerlei Spässe zu haben.

Spielt die ehrgeizige Sportlerin gerade einmal nicht Volleyball, wird ihr auch keineswegs langweilig. Laura liest gerne, verbringt Zeit mit ihrem Freund und ihrer Familie, quatscht viel und lädt auch gerne Freundinnen und Freunde zu sich ein, um diese zu bekochen – am liebsten mit ihrem berühmt-berüchtigten Thaicurry mit Shrimps… Wenn dazu noch gute Musik im Hintergrund läuft, singt Laura auch lautstark mit und der Tag ist perfekt! 

Zukunft fest im Blick – bald schon als Beachvolleyballerin?

Seit der letzten Saison studiert Laura Künzler nebst dem Volleyball an einer Fernuni. Zuerst schrieb sie sich für Psychologie ein, doch da dieses Studium nicht genügend zeitliche Flexibilität zuliess, wird sie ab August Kindheitspädagogik an einer deutschen Fernuni studieren. Auch darüber, wie die weitere Zukunft ausschaut, hat sich Laura bereits Gedanken gemacht. Und ihre Aussagen sind so gar nicht typisch schweizerisch; selbstbewusst und hoch gegriffen: «In fünf Jahren möchte ich mein Ziel, in der Champions League zu spielen, erreicht haben. In 10 Jahren stelle ich mir vor, meine Beachvolleyballkarriere wieder reaktiviert zu haben und diesen zweiten Traum auszuleben. In 20 Jahren möchte ich eine Familie gegründet haben und irgendwo in der Schweiz meine gesammelte Volleyballerfahrung der nächsten Generation weitergeben». So viel Zielstrebigkeit ist beeindruckend und zeigt den sportlichen Ehrgeiz von Laura. Wir wünschen ihr an der EM und all ihren beruflichen und persönlichen Zielen auf jeden Fall viel Erfolg!