Julie Lengweiler: Der einzige Satz, den ich zurzeit aufsagen kann, ist «Finnland ist ein schönes Land.»

Trotz einer schwierig zu lernenden Sprache ist Julie Lengweiler gut in im finnischen Kuusamo angekommen und fühlt sich wohl im kalten Norden. Was anders ist als in der Schweiz, was sie an Finnland nicht so mag und wie das Angebot für den Auslandswechsel zustande kam.


Die Sprache und Filterkaffee

«Mein Finnisch ist zurzeit noch etwas ärmlich», meint Julie. Aber sie gibt ihr Bestes und hat Freude daran, jeden Tag neue Wörter zu lernen. Da die Einwohner und Einwohnerinnen von Kuusamo stolz auf ihr Land seien, hat sie einen Spruch aber schon sehr früh lernen müssen. «Der einzige Satz, den ich zurzeit aufsagen kann, ist «Finnland ist ein schönes Land.»

Abgesehen von der sprachlichen Hürde geht es aber sehr gut im kalten Norden. «Ich geniesse die Natur hier und die neuen Eindrücke von diesem Land. Es gefällt mir, alles ist neu und ich finde das spannend – so erging es mir noch selten. Punkteabzug gibt’s einzig für den Filterkaffee hier. Espresso fehlt mir (lacht).» Die Einwohner und Einwohnerinnen von Kuusamo seien zwar skandinavisch zurückhaltend, aber man fühle sich willkommen im Club. «Alle sind sehr hilfsbereit mit mir», so der neue SwissVolleyProAbroad. 

Obwohl sie die einzige Schweizerin im Team ist, fühlt sich Julie nicht als Exotin. «Darüber habe ich mir gar nicht viele Gedanken gemacht. Ich fühle mich wohl und aufgehoben. Aber ja, im Team bin ich natürlich schon etwas die Ausnahme. Neben mir gibt es nur US-Amerikanerinnen und eine Schwedin, die aus dem Ausland kommen.»

Das Leben und Training in Finnland 

Und wie lebt es sich? «Ich wohne etwas nördlich der Stadt Kuusamo. Wir sind ziemlich isoliert, umgeben von Wäldern und Seen. Ich wohne mit drei Amerikanerinnen zusammen. Zwei davon haben hier bereits eine Saison gespielt und sind daher super Ansprechpartnerinnen, falls ich bei Organisatorischem Hilfe brauche.» 

Julie und ihr Club Pölkky Kuusamo trainieren derzeit zwei Mal pro Tag. Dazu kommen zwei Kraft- und eine Athletikeinheit pro Woche, in der Sprints und Sprünge trainiert werden. Dann wartet eine vollgepackte Meisterschaft. «In Finnland wird in der Qualifikation jeder Gegner drei Mal gespielt, weshalb wir sehr häufig ein Doppelwochenende haben und samstags sowie sonntags einen Match spielen.»

Auf die Frage, ob es Unterschiede zur Schweiz gebe, antwortet die ehemalige Neuenburger Spielerin: «Ich musste mich zuerst an die grossen Distanzen gewöhnen. Wir hatten zu Beginn ein Trainingsspiel gegen das Team, welches am Nächsten bei Kuusamo liegt – die Fahrt war aber drei Stunden lang! In der Schweiz ist die gleiche Fahrtzeit so ziemlich die längste Strecke, die wir zurücklegen müssten. Hier ist es aber gewöhnlich, bis zu zehn Stunden anzureisen.»

Der Wechsel ins Ausland und Mut für den Nachwuchs

Nachdem Julie ihrer Agentin eröffnet hatte, dass sie sich gut vorstellen könne, in Finnland zu spielen, sei auf einmal alles sehr schnell gegangen. «Mein Coach hat die Playoff-Spiele zwischen Viteos NUC und VC Kanti Schaffhausen geschaut und mir ein Angebot gemacht. Und ich konnte mir das sofort vorstellen. Die Idee mit Finnland war übrigens gar nicht meine, sondern die von Maja [Storck]. Ich habe viel mit Ihr über das Ausland gesprochen.» 

Das Angebot dann auch anzunehmen hatte zwei Gründe. «Ich wusste, dass die Liga vergleichbar ist mit der Schweizerischen und dies war wichtig für mich. Ich wollte Fuss fassen in einer ausländischen Liga und mich aus meiner Komfortzone begeben – aber ohne mich gleich völlig ins «kalte Wasser zu schmeissen». Ausserdem war das Gespräch, welches ich mit meinem jetzigen Coach zu Beginn geführt hatte, sehr positiv. Dies stärkte meine positive Einstellung.» Und was sind die Ziele für die kommende Saison? Eine klare Antwort: «Wir haben uns Gold als Ziel gesetzt!»

Auf die letzte Frage, was sie dem Schweizer Nachwuchs auf den Weg geben würde, antwortet Julie: «Traut es euch zu! Man weiss erst wirklich, ob man das Auslandleben will oder dem gewachsen ist, wenn man es auch versucht.»

Entweder – oder?

Sauna oder SkifahrenSchwierig, aber ich würde mich für Sauna entscheiden, weil dies während der Saison definitiv besser für meinen Körper ist als Skifahren.
Schnee oder SonneSchnee. Winter war immer schon meine Lieblingssaison.
Eisangeln oder Eisbaden Eisangeln. Da kann ich der Kälte zumindest gut eingepackt trotzen.
Nordlichter oder MitternachtssonneNordlichter. Die sollen hier gut zu sehen sein und ich freue mich, dieses Naturspektakel mitzuerleben.
Heavy Metal oder KlassikKlassik. Ich habe früher selbst etwas Klavier gespielt und ich höre klassische Musik während dem Lernen.
Netflix oder LesenDa ich durch mein Studium häufig Bücher und Studien lesen muss, geniesse ich es mehr, auch mal Netflix zu schauen.
Block- oder Angriffspunkt Blockpunkt. Wohl einfach, weil mir das weniger häufig passiert und ich mich deshalb doppelt freue.