Sandra und Martin Auricht – «Als Schiedsrichterin hat man einen der besten Zuschauerplätze der Welt»

Sandra und Martin Auricht sind seit Dezember 2017 verheiratet, haben einen zweijährigen Sohn und teilen die gleiche Leidenschaft: Das Schiedsrichteramt. Wo sich ihre Wege das erste Mal gekreuzt haben, wie die Beiden 40-50 Einsätze pro Jahr und die Familie unter einen Hut bringen und welche Tücken die sozialen Medien für die Schiedsrichter bereithalten, erfährst du im Portrait. 

Hautnah am Spielgeschehen sein, verschiedene Menschen kennenlernen und der Sportart etwas zurückgeben – Für Sandra und Martin Auricht einige der Hauptgründe, was für sie die Faszination am Schiedsrichteramt ausmacht. Kennengelernt hat sich das seit fast zwei Jahren verheiratete Paar 2015 am Beachvolleyball Major Turnier in Gstaad. Beide waren sie als Linienrichter im Einsatz. Als dann immer mehr Gemeinsamkeiten zum Vorschein kamen, wurde ihre Freundschaft immer grösser und die Distanz Berlin – Schweiz immer kleiner.

Martin kommt aus Deutschland, hat selber in Berlin in den unteren Ligen Volleyball gespielt und verfügt über die höchste Schiedsrichter Lizenzstufe in der Schweiz und sogar über die Zulassung für die deutsche Bundesliga. Mittlerweile wohnt er zusammen mit seiner Frau in Steckborn am Bodensee und ist stolzer Vater eines knapp zweijährigen Sohns. Auch Sandra darf auf allen Stufen in der Schweiz Spiele arbitrieren, hat aber nur am Rande aktiv Volleyball gespielt. 

Unterschiedliche Beweggründe, weshalb sie Schiedsrichter geworden sind

Sandra hat 2007 ihr Debut als Schiedsrichterin gegeben, Martin seines im Jahr 2001. Warum die beiden den Weg hoch zum Schiedsrichterbock gefunden haben, hat unterschiedliche Gründe. Während für den 37-Jährigen Hausmann vor allem entscheidend war, dass er dadurch noch mehr zu einem Bestandteil der Sportart wurde, stand für die damals erst 17-jährige Sandra der finanzielle Aspekt im Vordergrund. Während sich die heute 29-Jährige in der Ausbildung zur medizinischen Praxis-Assistentin befand, war der finanzielle Zustupf sehr willkommen.

Die schönen Seiten…

Mittlerweile bringen es die beiden zusammen auf stolze 30 «Dienstjahre» als Schiedsrichterin und als Schiedsrichter. Während dieser Zeit haben Sandra und Martin viele schöne Momente erlebt. Für Martin bleibt zum Beispiel der Einsatz als Linienrichter am Champions League Final 2015 vor fast 10'000 Fans oder sein erster Einsatz in der 1. Bundesliga in unvergesslicher Erinnerung. Als speziellen Moment hebt Sandra ihren Einsatz am SM-Finale der U23 Frauen hervor, aber auch jedes Spiel, welches problemlos über die Bühne geht, kommt für sie einem Erfolg gleich. Als wichtige Charaktereigenschaften, die eine Schiedsrichterin oder ein Schiedsrichter mitbringen sollte, nennen die Aurichts nebst einer guten Kommunikationsfähigkeit ausserdem Ruhe, Gelassenheit und Selbstbewusstsein, wobei besonders letzteres im Rahmen der Tätigkeit auch sehr gut angeeignet werden könne. Besonders gut gefällt Sandra an der Schiedsrichtertätigkeit ausserdem, dass sie so nahe am Spielgeschehen ist: «Als Schiedsrichterin hat man einen der besten Zuschauerplätze der Welt», sagt sie und hat damit natürlich recht. 

…und die weniger schönen Seiten

In der Schiedsrichter-Karriere des Ehepaars gibt es aber auch negative Erlebnisse. Gross darüber sprechen, möchten sie aber nicht. Schiedsrichter seien auch nur Menschen, die ab und zu einen Fehler machen. Martin ist dabei wichtig: «Bestimmt macht der Schiedsrichter in jedem Spiel einmal einen Fehler. Es darf ihm auch mal verziehen werden». Aufpassen müsse man als Schiedsrichter zudem, was den Auftritt in den Sozialen Medien betrifft: «Ein absolutes No-Go als Schiedsrichter ist, wenn man in der Öffentlichkeit oder Sozialen Medien eine Mannschaft unterstützt und gleichzeitig Spiele seines Lieblingsteams leiten muss», sind sich Martin und Sandra einig.

Nur dank der Familie möglich

Bei je ca. 40-50 Einsätzen pro Jahr bleiben nicht viele freie Wochenenden übrig. Da Sandra und Martin seit fast zwei Jahren ausserdem Eltern sind, wäre dies alles ohne eine Familie und gute Freunde, die sich um den Kleinen kümmern, nicht möglich. Die Volleyball-freie Zeit verbringt das Paar gerne mit Gesellschaftsspielen, unternimmt etwas mit Freunden und geniesst die Zeit mit dem Nachwuchs. Sandra bringt ausserdem eine grosse Leidenschaft für das Tauchen mit, auch wenn sie aus zeitlichen Gründen nicht mehr oft dazu kommt. Zu sehr nimmt der Volleyball-Sport im Hause Auricht eine zentrale Rolle ein. Selbst nach einem Einsatz an einem Spiel wird zu Hause unter dem Ehepaar eifrig miteinander diskutiert, reflektiert, Videos angeschaut, manchmal gestritten und einander der Rücken gestärkt. Da scheint die Zukunft von dem kleinen Benjamin auch bereits ein Stück weit vorbestimmt. Seine erste Pfeife hat er auf jeden Fall schon einmal erhalten.