Anouk Vergé-Dépré in der Elite angekommen

«In diesem Moment habe ich gemerkt, dass ich bei der Elite angekommen bin»

Dass sie an der Weltspitze angekommen ist, begriff Anouk Vergé-Dépré erstmals 2016 als sie auf dem Podest höher stand als ihr grosses Kindheitsidol, Kerri Walsh. Seit damals ist Anouk auf noch so manchen Treppchenstufen gestanden. Was sie dafür leisten musste, erklärt sie im Interview.

Anouk Vergé-Dépré bekam Beachvolleyball sozusagen in die Wiege gelegt. Ihre Eltern haben beide selbst Volleyball gespielt. Ihr Vater war zudem Beachvolleyballtrainer. Auch als Ball-Kid kam die heutige Spitzenathletin schon früh mit ihrer heutigen Disziplin in Kontakt. Ihre ersten Erinnerungen verbindet sie mit dem Turnier in Gstaad. «Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich die damaligen Top-Spielerinnen, wie die Brasilianerinnen Adriana Behar und Bede Shelda sowie die Amerikanerin Kerri Walsh, angehimmelt habe.» Heute ist Anouk selbst eine der besten Beachvolleyballspielerinnen der Welt und hat wie ihre grossen Vorbilder bereits olympisches Edelmetall gewonnen. 

Doch bevor sie sich komplett dem Sand verschrieb, war die Bernerin jahrelang in der Halle anzutreffen. «Beim Mini-Volleyball habe ich meine ersten Freundschaften geknüpft», erinnert sich Anouk an ihre Anfänge zurück. «Allgemein herrschten bei Events wie den Nachwuchsschweizermeisterschaften immer gute Stimmungen.» Eine der wichtigsten Stationen in ihrer jungen Karriere war der Schulsport Köniz. «In Köniz gab es sehr viele Teams auf verschiedenen Niveaus und Trainer und Trainerinnen, von denen ich viel lernen konnte.» Zu diesen gehörte auch Bernhard Steiner. Nach dem Schulsport trainierte die Bernerin Volleyball unter ihrem Vater Jean-Charle, Olga Schkurnowa und Florian Steingruber. Alle vier zählt Anouk zu den prägenden Figuren ihrer Volleyballkarriere. Lehrreiche Moment erlebte die heutige Beachvolleyballerin auch mit dem Juniorinnen-Nationalteam. «In dieser Zeit und bei den Spielen gegen internationale Teams habe ich gelernt, Verantwortung auf dem Feld zu übernehmen», erklärt Anouk. Während im Winter vor allem Volleyball in der Halle anstand, war Anouk im Sommer insbesondere im Sand und in den Beach Camps anzutreffen. 

Anouk hat im Laufe ihrer Karriere bereits so einige Erfolge erzielt. Im Jahr 2012 wurde sie U21-Weltmeisterin, 2020 Europameisterin und bis heute hat sie mehrere Medaillen auf der World Tour gewonnen. Ihren grössten Erfolg erlebte sie jedoch an den Olympischen Spielen 2020 in Tokio, wo sie zusammen mit Joana Heidrich die Bronzemedaille gewann. Noch heute bekommt sie eine Gänsehaut, wenn sie an die Siegerehrung denkt. In all den Jahren ist ihr aber vor allem ein Moment in Erinnerung geblieben: ihr erster Sieg auf der World Tour 2016 in Xiamen, China, mit Isabelle Forrer. «Für mich war das ein ganz besonderer Meilenstein. Es war das erste Mal, dass ich eine Stufe höher auf dem Podest stand als Kerri Walsh, mein Kindheitsidol. In diesem Moment hat es zum ersten Mal Klick gemacht und ich habe gemerkt, dass ich an der Weltspitze angekommen bin.»Doch mit dem wachsenden Erfolg kommen meist auch Herausforderungen auf die Spitzensportler:innen zu. Rückblickend sieht die Bernerin vor allem Verletzungen als die grösste Herausforderung an. «Anderen beim Spielen zuschauen zu müssen, während man selbst nicht darf, ist extrem hart», sagt sie. «Als Spitzensportler:in bist du auch immer wieder dazu gezwungen, schwierige Entscheidungen zu treffen, die nicht nur dich selbst, sondern auch dein Umfeld betreffen. Man tut es nicht gerne, aber es bestimmt darüber, ob man weiterkommt oder nicht.»

Anouks grösster Tipp an alle aufstrebenden Volleyball- und Beachvolleyballtalente: «Logisch muss man sich voll und ganz dem Sport widmen und hart trainieren.» Trotzdem solle man versuchen, nicht nur daran zu denken, sein Hobby zum Beruf zu machen, meint Anouk. «Zu Beginn meiner Karriere wusste ich nicht, wie weit ich kommen würde und was ich erreichen würde. Natürlich hat man immer Ziele und Träume, aber man sollte auch versuchen, im Hier und Jetzt zu bleiben und mit jeder Situation und in jeder Phase zu wachsen. Wenn man Fortschritte macht, wachsen die eigenen Ziele automatisch. Oder wie Kobe Bryant einmal sagte: Du kannst nicht in einem Tag vom Fusse des Mount Everests auf den Gipfel springen.»