Tim Köpfli: Raus aus der Komfortzone und rein ins Abenteuer Italien

Seit dieser Saison spielt Tim Köpfli bei Cuneo Volley in Italien.

Es ist die erste Saison, die Tim Köpfli als Volleyballprofi im Ausland spielt. Letzte Saison lief der Aussenangreifer noch für CONCORDIA Volley Luzern auf. Nun zog es ihn in eine der ganz grossen Volleyballnationen der Welt: Bella Italia. Ausgerechnet jenes Land, in dem diese Saison auch seine Freundin Maja Storck bei Chieri unter Vertrag steht. Das war allerdings nur ein sehr glücklicher Zufall, musste Tim doch lange auf ein passendes Angebot im Ausland warten: «Ich habe mich nach der letzten Saison in Luzern mit der Volley Pro Agency zusammengetan, um für mich im Ausland nach passenden Clubs zu suchen. Die Agentur ist sehr gut in Italien vernetzt. Ich musste aber viel Geduld bis spät in den Sommer haben, bis sich diese Möglichkeit ergeben hat», erzählt Tim. Ein Vorteil war auch, dass Tim seinem aktuellen Coach, Max Giaccardi, längst als Gegner bekannt war. Der Italiener trainierte zuvor das NLA-Team von Lausanne und hatte Tim mehr als nur einmal in Action erlebt. So konnte also Tims Reise nach Italien starten.

Raus aus der Komfortzone

In Cuneo spielt Tim in der Serie A2, in der zweithöchsten Liga Italiens. Dem Schweizer Aussenangreifer war klar, dass ihn gleich mehrere Herausforderungen erwarten würden: «Ich wusste, dass das Niveau und die Anforderungen bestimmt einiges höher sein werden, als ich mir das aus der Schweizer NLA gewohnt war.» Auch die neue Sprache und erstmals allein zu wohnen, waren Hürden, die Tim meistern musste. «Ausserdem wusste ich, dass ich der einzige Nicht-Italiener im Team sein werde», sagt Tim. Trotzdem hat die Vorfreude auf seine erste Saison als Swiss Volley Pro Abroad überwogen: «Ich freute mich besonders, erste Erfahrungen als Auslandprofi in einem sehr professionell organisierten Verein mit einer langen und erfolgsträchtigen Geschichte im italienischen Volleyball zu machen.» Auch an die Sprache und das neue Team hat sich der Schweizer Aussenangreifer schnell gewöhnt: «Ich konnte mich sehr schnell ins Team einfinden und jetzt kann ich mich schon gut mit meinen Mitspielern auf Italienisch austauschen und verstehe die Anweisungen im Training ohne Probleme.» Um sich ans neue Umfeld anzupassen, musste sich Tim definitiv aus seiner Komfortzone bewegen, mit einem klaren Ziel vor Augen: «Ich erhoffte mir, spielerisch, aber auch persönlich einen Schritt nach vorne machen zu können.» 

«Das war ein absoluter Glückstreffer»

Eine grosse Stütze in Tims erster Saison im Ausland ist seine Freundin Maja Storck, die ihrerseits schon seit mehreren Jahren als Volleyballprofi im Ausland spielt. Das Zusammenspiel einiger glücklicher Zufälle hat es ermöglicht, dass Tim und Maja diese Saison beide in Italien spielen. «Es ist für uns beide perfekt aufgegangen diese Saison. Das war ein absoluter Glückstreffer!», sagt Tim. Maja spielt diese Saison in Chieri, so sind die beiden nur gerade eine knappe Stunde voneinander entfernt. «So nahe, wie seit vier Jahren nicht mehr», freut sich Tim. Dies erleichterte Tim das Einleben in Italien deutlich: «In meiner ersten Saison im Ausland auf Majas Unterstützung – nicht nur virtuell, sondern auch persönlich – zählen zu dürfen, machte vieles leichter für mich.» Auch Maja spielt erstmals in Italien, daher war auch für sie vieles neu, so auch die Sprache. Wer der beiden kann denn schon besser Italienisch? «Für mich war es wahrscheinlich noch mehr ein Muss, Italienisch zu lernen. Bei mir sind der ganze Trainingsbetrieb, die Organisation und die Gespräche am Esstisch mit den Kollegen auf Italienisch. Ich lerne nebenbei auch selbstständig die Basics, aber durch die tägliche Anwendung lerne ich natürlich am besten. Auch erste Interviews konnte ich auf Italienisch geben», sagt Tim. Untereinander werden sich Maja und Tim aber wohl noch nicht gerade auf Italienisch unterhalten: «Ich geniesse es, mich mit Maja auch wieder Mal auf Schweizerdeutsch unterhalten zu können», sagt Tim und fügt grinsend an: «Aber es gibt auch teilweise ein Abmessen, wer von uns das Italienisch schon besser beherrscht.» Mit Maja verbringt Tim auch gerne, wann immer möglich, seine trainingsfreien Tage. Kommt Maja zu Tim auf Besuch, bietet sein neues Zuhause genügend Platz für beide: «Ich wohne allein in einer grossen, gemütlichen Wohnung in der Nachbarsstadt Boves», erzählt Tim. Hier fühlt sich der 26-Jährige richtig wohl: «Am meisten gefällt mir die Sicht vom Balkon auf die Berge und ich habe sehr nette Nachbarn, die mich gerne unterstützen.» Von seiner Wohnung braucht Tim nur zehn Minuten zur Trainingshalle und dem Stadtkern von Cuneo.

Ein professionelles Umfeld ermöglicht Höchstleistungen

In Cuneo verbringt Tim gerne seine Freizeit: «Ich bin begeistert von dieser Stadt», schwärmt er und fügt an: «Cuneo ist wunderschön gelegen – am Rande der Alpen – und doch noch übersichtlich genug für jemanden wie mich, der bisher eher ländlich gewohnt hat.» Ausserdem geniesst Tims grösste Leidenschaft, das Volleyball, hier ein hohes Ansehen. Dank der professionellen Strukturen kann er sich vollkommen auf das Training fokussieren, welches unter besten Voraussetzungen durchgeführt wird: «Die Trainingsbedingungen sind optimal in einer der schönsten Volleyballhallen Italiens, welche wir nur mit dem Frauenteam von Cuneo aus der A1 teilen müssen.» Ausserdem merkt Tim, dass die Organisation innerhalb des Vereins sehr professionell ist: «Vier Vollzeitstellen sind im Hintergrund tätig und nehmen einem alles ab, was nicht mit dem Training zu tun hat.» 

Nebst seiner Tätigkeit als Volleyballer absolviert Tim im Fernstudium seinen Master in Finance und Accounting. So liest er in seiner Freizeit auch gerne Bücher rund ums Investieren. Ausserdem unternimmt Tim oft etwas mit seinen Teamkollegen: «Wir gehen zusammen essen in einem unserer Stammlokale rund um Cuneo», erzählt er. Ist das Energielevel an strengen Tagen mal tiefer, nimmt er es gerne etwas entspannter und schaut eine Serie oder einen Film. 

«Es war nicht einfach, mich in der neuen Situation zurechtzufinden»

In der Schweizer NLA, bei CONCORDIA Volley Luzern, war Tim fester Bestandteil der Starting Six. In der neuen Liga muss er sich jeden Einsatz hart erkämpfen. «Anfangs war es nicht einfach, mich in dieser neuen Situation zurechtzufinden», gibt Tim zu. Es sei ihm aber von Beginn weg klar gewesen, dass die Konkurrenz auf der Aussenposition sehr stark und erfahren ist: «Meine Teamkollegen haben teilweise schon jahrelang auf diesem oder einem noch höheren Niveau gespielt.» Das Niveau in der italienischen Serie A2 schätzt Tim als hoch ein: «Es ist höher, als ich es mir gewohnt war aus der Schweiz. Zudem sind die Stärkeverhältnisse der Teams über den grössten Teil der Saison sehr ausgeglichen.» Die neue Situation verlangte ein anderes Mindset. «Ich muss mich mehr auf die täglichen kleinen Erfolge konzentrieren, um dann trotz wenig Spielzeit genügend Erfolgsmomente durch meine Fortschritte, auch in den Trainings, zu haben und daraus Motivation zu gewinnen», erklärt Tim. Seine bisherige Entwicklung schätzt er positiv ein: «Ich bin mit meinen persönlichen Fortschritten zufrieden und will für den Rest der Saison weiter fokussiert an mir arbeiten.» 

Das höhere Niveau kommt nicht von ungefähr. «Im Vergleich zu der Schweiz haben wir hier mehr Balltrainings, in denen wir oft technisch arbeiten», sagt Tim. Dies führt auch zu einer höheren körperlichen Belastung. Für die optimale Regeneration der Spieler sorgt der Klub selbst, wie Tim erzählt: «Die medizinische Betreuung durch Physiotherapie oder auch Eisbäder nach den Trainings wird vom Verein bereitgestellt.»

Gänsehautmomente und Testspiele gegen die Weltklasse

Ein Blick zurück auf die bisherige Saison lässt Tim in den besonders speziellen Erinnerungen schwelgen: «In der Vorbereitung hatten wir Testspiele gegen Teams wie Modena oder Milano aus der italienischen Superlega. Es war eindrücklich, gegenüber Spielern der absoluten Weltklasse auf dem Feld zu stehen!» Aber auch während der Meisterschaft gab es Highlights, erinnert sich Tim: «Die geglückten Einsätze vor dem Heimpublikum in Cuneo, wo die Stimmung und die Atmosphäre für Gänsehaut sorgen, gehören sicher zu meinen Lieblingsmomenten.» 

Vorerst gilt es für Tim und sein Team aber, den Fokus auf die kommenden Spiele zu setzen. Aktuell steht Cuneo auf Rang 9 in der Tabelle und damit einen Rang hinter dem letzten Playoff-Platz. Um sich das Playoff-Ticket noch sichern zu können, muss Tims Team nochmals alles geben und in den verbleibenden vier Partien möglichst viele Punkte sammeln.

Beende den Satz!

Mir kann man eine Freude machen mit… kleinen unerwarteten Nettigkeiten.

An meiner Heimat vermisse ich... saubere Garderoben.

Am meisten Angst habe ich davor,… später Reue zu haben.

Wenn ich wütend bin,… lasse ich mir das oft nicht anmerken. Ich bleibe meist ruhig und versuche, mich selbst zu beruhigen.

Mein «Guilty Pleasure» ist… Katzen-Reels auf Instagram.

In 5 Jahren bin ich… fertig mit meinem Masterstudium, hoffentlich weiterhin auf dem Volleyballfeld anzutreffen und vielleicht schon in der Familienplanung.

Meinem 10-jährigen Ich würde ich raten… den Mut zu haben grosse Ziele zu verfolgen. In dir steckt mehr als du denkst. 

Ich bin stolz darauf,… mit Geduld, Zuversicht und harter Arbeit meinen Weg gegangen zu sein, der mich da hingeführt hat, wo ich heute bin.

Viele wissen nicht, dass ich… seit 4 Jahren jeden Morgen kalt dusche.

Mein Lieblingspunkt im Volleyball ist… ein Punkt über die Pipe.