Seite 23 - Swiss Volley Magazine 2012-3

23
Infobox
Systematik der Spielsysteme
Die Bezeichnung der Spielsysteme setzt
sich immer aus zwei Zahlen zusammen.
Die erste Zahl gibt Auskunft über die An-
zahl Angreifer, die zweite Zahl bezeich-
net die Anzahl (spezialisierter) Zuspieler.
Im 5–1 spielt man also mit 5 Angreifern
und einem Passeur, der nicht angreift.
Im 6–2 greifen alle 6 Spieler an, aber nur
2
davon sind Zuspieler.
Das 6–2 wurde übrigens lange auch
als 4–2 bezeichnet, was insofern nicht
korrekt ist, weil ja die Zuspieler auch als
Angreifer lanciert werden können, wenn
der andere Passeur zuspielt.
Systematik der Verteidigungs-
systeme
Für die Verteidigungssituation gibt es
zwei Möglichkeiten. Entweder spielt
man 3–2–1 oder 3–1–2. Beim 3–2–1
spielt das Team mit 3 Blockspielern, 2
Verteidigungsspielern vorne (an den
Flanken) und einem Verteidigungsspieler
ganz hinten («6er hinten»). Beim
3–1–2 («6
er vorne») ist der zentrale
Verteidigungsspieler auf der 3 m-Linie
vor den beiden Verteidigern an den
Flanken. Im modernen Volleyball wird
ausschliesslich im 3–2–1 verteidigt.
Läuferspiel (Pene)
Ein Grundspieler läuft ans Netz (in die
Angriffszone), um dort den Pass zu
spielen. Zweck des Läuferspiel ist, die
Netzspieler vom Zuspiel freizustellen, so
dass am Netz immer 3 Angreifer einge-
setzt werden können.
Permutation
Als Permutation bezeichnet man den
Positionstausch innerhalb einer Linie, also
einerseits unter den Netzspielern, ande-
rerseits unter den Verteidigungsspielern.
Komplex 1 (K1)
Als K1 bezeichnet man die Spielsituation
aus der Service-Annahme heraus, also
Annahme, Pass und der erste Angriff.
Komplex 2 (K2)
Als K2 bezeichnet man die Spielsituation
mit Block, Verteidigung und Gegen-
angriff. Man nennt das K2 auch Transi-
tion Game, weil im K2 der Übergang
(
= Transition) von einer defensiven
Verteidigungsaktion zu einer offensiven
Angriffsaktion stattfindet. ZumK2 gehört
übrigens auch der Service, weil die Block-
und Verteidigungsstrategie eng mit der
Servicetaktik verknüpft ist.
Basiswissen «Spielsysteme»
Abb. 1
Reihenfolge der Spezialisierung
Angreifer am Netz
Permutation vorne
(
Positionen 3 und 4)
Verteidigung
Permutation hinten
(
Positionen 5 und 6)
Zuspiel/Passeure
Annahme/Libero
Wichtig: erst ab U19!
Weshalb nicht direkt 5-1?
Der angestrebte «Lernprozess in kleinen
Schritten» ist einer der Hauptgründe, wes-
halb sich das 5-1 überhaupt nicht (oder zu-
mindest bedeutend schlechter) für diesen
Ausbildungsschritt eignet. Im 5-1 müssen
auf einen Schlag sämtliche Positionen bzw.
Rollen spezialisiert werden. Im Gegensatz
dazu kann der Grad der Spezialisierung
im 6-2 beinahe beliebig variiert und da-
durch sehr präzise – und auch sehr indi-
viduell – dem momentanen Können bzw.
Ausbildungsstand der Spieler angepasst
werden. Dies gilt ebenso für die vielfälti-
gen Möglichkeiten in der Annahme- und
Angriffsorganisation.
Ein weiterer Grund liegt darin, dass die Spie-
ler im 6-2 trotz Spezialisierung nach wie
vor breit (also universell) ausgebildet wer-
den. Die Zuspieler werden beispielsweise
weiterhin in den Elementen Annahme und
Angriff eingesetzt. Dadurch bleibt die Tür
offen für andere Positionen. Es gibt z.B. her-
vorragende Diagonalspieler (später im 5-1
natürlich), die problemlos auch als Passeur
spielen können – und umgekehrt!
Ausserdem muss es gar nicht immer 5-1
sein! Das 6-2 eignet sich auch im ambitio-
nierten, mittleren Leistungsbereich (also
bis 2./1. Liga in der Schweiz) hervorragend
als Spielsystem. Viele Teams spielen 5-1 aus
Mangel an Zuspielern – oder weil es bei
den Spitzenteams «abgeschaut» wird. Al-
lerdings macht dies nur dann Sinn, wenn
mindestens ein Zuspieler im Team ein
herausragender Passeur ist! Ansonsten ist
man mit dem 6-2 mindestens ebenso gut
beraten.
Welche Elemente sind neu?
Im Vergleich zu den Spielsystemen 6-6
(
idealerweise mit Läufer 1) oder 6-3 wird das
taktische Repertoire im 6-2 mit diversen – je
nach gesammelten Vorkenntnissen aus den
Weltklasse mit 6-2
Die Kubanerinnen haben es vorge-
macht: Auch mit dem Spielsystem 6-2
lassen sich grosse Titel gewinnen. Das
kubanische Nationalteam dominierte
zwischen 1992 und 2000 das Frauenvol-
leyball nach Belieben (3x Olympiagold,
2
x WM-Gold), obwohl (oder gerade weil)
sie als einziges Weltklasseteammit dem
System 6-2 spielen – damals wie heute!
vorgängig gespielten Systemen mehr oder
weniger neuen – Elementen erweitert:
Spezialisiertes Zuspiel (nur 2 Spieler
agieren als Passeur)
Neue Laufwege im Läuferspiel der
Zuspieler: Läufer 1 (je nach Vorkennt-
nissen bereits bekannt), Läufer 6 und
Läufer 5
K1: Der Zuspieler ist immer ein Rück-
raumspieler
immer drei Angreifer
am Netz
K2: Wenn immer möglich spielt der
im Rückraum spielende Passeur zu
meistens drei Angreifer am Netz
Einfache Permutation am Netz (Passeur
am Netz wechselt auf die Pos. 2, die
anderen beiden Netzspieler rutschen
nach)
Einfache Permutation im Hinterfeld
(
Passeur im Hinterfeld wechselt auf die
Pos. 1, die anderen beiden Grundspieler
rutschen nach)
Annahme im 4er-Riegel
Aufbau über 4 Angreifer (Positionen 2,
3, 4, 6)
Dazu kommen, je nach Grad der Speziali-
sierung, weitere neue Elemente:
Zusätzliche Permutationen am Netz
(
Spezialisierung der Angreifer und
Blockspieler)
>>